Langsam hat es sich auch unter den Berliner Taxifahrern herumgesprochen: Das Bundespresseamt und die Bundespressekonferenz sind nicht dasselbe. Wie oft hatte ich jemanden in mein Büro im Haus der Bundespressekonferenz eingeladen und musste eine Viertelstunde warten, weil der Gast zuerst am Bundespresseamt nahe des Bahnhofs Friedrichstraße abgesetzt wurde und sich dort neu orientieren musste.
Offiziell heißt das Bundespresseamt (BPA) „Presse- und Informationsamt der Bundesregierung“. Es ist also eine Behörde der Regierung. Ihre Aufgabe ist es nicht, die Presse zu kontrollieren, zu regulieren oder zu beaufsichtigen. So etwas gibt es in Deutschland nicht, denn die Presse – gemeint sind damit nicht nur Print-, sondern alle Medien – ist frei. Im Grundgesetz steht: „Eine Zensur findet nicht statt.“ Was aber tun dann die knapp 500 Mitarbeiter des Bundespresseamtes?
INFOS FÜR DIE REGIERUNG
Sie hantieren mit Informationen, und zwar nach innen wie nach außen. Nach innen bedeutet, sie versorgen den Bundeskanzler und die Bundesregierung mit relevanten Informationen von draußen, aus dem Ausland ebenso wie aus dem Inland. Dafür werden auch Nachrichtenagenturen und Medienveröffentlichungen ausgewertet. Zweimal täglich wird für den Regierungschef eine Pressemappe mit einer Auswahl der wichtigsten in- und ausländischen Zeitungsbeiträge erstellt.
INFOS FÜR DIE ÖFFENTLICHKEIT
Nach außen bedeutet, dass das BPA auch selbst Informationen über die Politik der Bundesregierung an die Öffentlichkeit transportiert, sei es neue Maßnahmen, sei es Strategien oder auch Hintergrunderläuterungen. Das erfolgt nicht durch Bulletins wie anno dazumal, sondern mit modernen Instrumenten. Bundeskanzler Olaf Scholz twittert bzw. lässt twittern (@bundeskanzler). Dazu kommen Internetauftritte, Videos, Podcasts und andere Informationskanäle.
REGIERUNGSSPRECHER ODER REGIERUNGSSCHWEIGER
Chef des Bundespresseamts ist jeweils der Regierungssprecher. Von dieser Sorte gibt es höchst unterschiedliche Typen. Manche sind in alles, was im Chefbüro des Kanzleramtes gesagt und gedacht wird, bestens involviert, aber halten sich gegenüber den Journalisten zurück. Andere wiederum wissen nicht so viel aus dem Innersten der Macht, aber können so spannend darüber reden, dass für die Journalisten etwas Brauchbares abfällt. Oft sind Regierungssprecher eher Regierungsschweiger.
JOUR FIXE ODER GAR NICHT TREFFEN?
Immer wieder hatte der Verein der Auslandspresse in der Vergangenheit den Versuch unternommen, einen Jour fixe mit einem Regierungssprecher einzuführen, um Hintergrundinformationen zu erhalten. Wenn beim ersten Termin vierzig, beim zweiten zwölf und beim dritten (und letzten) Jour fix nur noch drei Kollegen erschienen, spricht das Bände. Es war Zeitverschwendung. Vielleicht klappt das mit dem aktuellen, Steffen Hebestreit, besser.
AUSFLÜGE NACH BERLIN MIT DEM BUNDESPRESSEAMT
Nur wenige wissen, dass das Bundespresseamt auch ein bisschen Reisebüro spielt, und zwar im Sinne der politischen Bildung. Jeder Bundestagsabgeordnete – und es gibt ja immer mehr davon! – hat das Recht, alljährlich drei Besuchergruppen in der Größenordnung eines Autobusses aus seinem Wahlkreis nach Berlin einzuladen. So kommen mehr als 100.000 Wahlberechtigte (auf Steuerzahlerkosten) für ein paar Tage an die Spree, wo sie politische Einrichtungen, aber auch Gedenkstätten der jüngeren Geschichte Deutschlands besichtigen und vor allem mit Abgeordneten diskutieren können. Und wo sie gewiss auch den Unterschied zwischen Bundespresseamt und Bundespressekonferenz erklärt bekommen.
Text Ewald König