DM: Die G2K Group wurde soeben als eines der Top 100 innovativsten Unternehmen Deutschlands ausgezeichnet. Wie hilfreich ist das?
Karsten Neugebauer: Wir sind sehr stolz darauf. Wir setzen unseren Weg fort, um das deutsche Leuchtturm-Unternehmen in Sachen Künstlicher Intelligenz (KI) auf den globalen Märkten zu werden. Wichtiger ist aber, dass unsere Arbeit unseren Kunden weltweit hilft, innovativer und erfolgreicher zu werden.
DM: Sie sind unter den top 100, obwohl Sie G2K erst 2013 gegründet haben. Was war, was ist Ihre Vision?
Karsten Neugebauer: Ich habe das Unternehmen 2013 mit meinem Partner Omar El Gohary gegründet. Unsere Vision ist es, die Digitalisierung voranzutreiben. Digitalisierung heißt, Dinge einfacher zu machen und bessere Prozesse zu finden, um Kunden Vorteile in der operativen Exzellenz zu gewährleisten Der Kunde kann ein Staat sein, eine Stadt oder ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Wir helfen ihm dabei, mit Daten umgehen zu können.
DM: Sie betonen häufig, Daten seien das Gold der Neuzeit. Das klingt gut, aber was heißt das?
Karsten Neugebauer: Ja, Daten sind tatsächlich das Gold der Neuzeit. Ich kann dieses Gold schöpfen, genauso wie ich Erdöl schöpfe. Aber bevor ich das Erdöl nicht in die Raffinerie getan habe, kann ich mit dem Erdöl auch keine Autos betreiben. Nicht anders ist das bei Daten. Wenn ich das Gold der Daten schöpfen und die Daten beherrschen möchte, muss ich erst mal in der Lage sein, viele Daten aufzunehmen. Um Daten aufnehmen zu können, muss ich Schnittstellen zu vielen Datenlieferanten bilden. Das können beispielsweise Kameras sein, die Daten liefern, oder Zugangssysteme oder Daten aus den Sozialen Medien. Wir haben Schnittstellen gebaut, die diese Datenlieferanten in einer Plattform zusammenführen, die man mit dem Begriff Internet of Things (IoT) sehr gut umschreiben kann. Dann muss man überlegen, was man mit diesen Daten macht. Wir sind die Experten in der Technologie und entwickeln Lösungen.
Wir haben gesehen, dass wir mit Daten Dinge besser machen können als in der Vergangenheit und dass Daten künftig notwendig sind, um die Digitalisierung voranzutreiben. Zum Beispiel: Wie mache ich eine Stadt lebenswerter? Oder wie gestalte ich eine Smart City effizienter und nachhaltiger?
DM: Wie und wo setzen Sie Ihre Ideen um?
Karsten Neugebauer: Unternehmen entstehen aus Visionen. Mein Mitgründer El Gohary und ich gehören gewiss zur Kategorie der Visionäre. Wir haben G2K in Deutschland auf die Beine gestellt und haben sukzessive auch im Ausland Erfolge realisiert. Zum Beispiel in Saudi-Arabien, wo eine neue Stadt in der Größe von ganz Mecklenburg-Vorpommern entsteht – „from the scratch“, gleichsam vom Reißbrett. Sie heißt Neom City. Was dort gemacht wird, ist in herkömmlichen Städten nicht so einfach realisierbar. Von Anfang an spielt das Thema IoT und KI eine sehr bedeutende Rolle. Man hat sich weltweit umgeschaut, welche Unternehmen mitarbeiten können, hat Piloten gestartet, Tests durchgeführt – und wir haben es geschafft und den Zuschlag bekommen! Das zeigt, dass wir mit unserer Vision einiges richtig gemacht haben. Besonders erfolgreich sind wir im Bereich Smart Cities in der MENARegion, wo wir ganze Städte über die KI-Plattform Parsifal managen und monitoren, beispielsweise auch in der neuen Stadt Madinaty neben Kairo. In Deutschland gelingt uns das noch nicht.
DM: In der Regel sind es aber amerikanische oder asiatische Unternehmen …
Karsten Neugebauer: Irgendwie ist ja auch einmal ein Facebook oder eine SAP entstanden, warum sollen wir nicht mit unseren Erfolgen und unseren Partnerschaften in der Lage sein, eine neue große europäische Softwaregesellschaft auf die Beine zu stellen? Eine Gesellschaft, die in der Lage ist, mit Wettbewerbern aus Amerika oder Asien auf Augenhöhe zu kommunizieren? Das ist unsere große Vision. Ich denke da auch etwas patriotisch: Ich finde, dass wir in Deutschland und Europa nachlegen müssen.
Wir haben ja gezeigt, dass wir in der Lage sind, solche Lösungen zu entwickeln und uns im internationalen Wettbewerb im Ausland bei sehr modernen Fragestellungen und Herausforderungen durchzusetzen. Mit der richtigen Unterstützung und den richtigen Partnern sehe ich eine Chance, etwas Neues, etwas Großes entstehen zu lassen. Die Voraussetzungen haben wir in den letzten Jahren geschaffen.
DM: Was war das auslösende Moment für die Unternehmensgründung?
Karsten Neugebauer: Das Gehirn unserer Technologie ist mein Gründungspartner Omar El Gohary. Ich bin eher für die Marktseite verantwortlich. Wir kommen beide aus dem Umfeld der Technologie mit unterschiedlichen Karrieren, haben viele Erfahrungen gesammelt und in unseren vorherigen Tätigkeiten eine Marktlücke gesehen. Denn es gibt viele Einzellösungen für punktuelle Themen, aber keine Plattform, die in der Lage ist, die Dinge zusammenzuführen. Wir kennen den Markt, haben aber weder bei großen deutschen noch bei ausländischen Softwarehäusern ein Produkt gesehen, das Daten zusammenführt und aus einer großen Datenmenge Zusammenhänge erkennt. Das haben wir für uns als Chance erachtet.
DM: Wie reagieren die Banken auf Ihre Visionen?
Karsten Neugebauer: Wäre ich ein schwäbisches Unternehmen, das in einer Fabrik mit Schornstein und vielen klappernden Nähmaschinen Textilien herstellt, wären Sicherheiten leicht zu erkennen. Aber unsere Themen sind eine Plattform, eine Software, Künstliche Intelligenz und Internet of Things. Also alles, was nicht einfach anzufassen ist. Daher ist es wichtig, Organisationen wie die Bürgschaftsbank Berlin zu haben, die sich überzeugen und begeistern lassen und deren Bürgschaften die klassischen Sicherheiten von Fabriken ersetzen. Mit dieser Unterstützung war es uns möglich, die G2K zu stärken und unseren Weg zu gehen.
DM: Ist Deutschland nicht viel zu kritisch gegenüber KI?
Karsten Neugebauer: Kritische Fragen sind ganz normal, wir arbeiten ja mit etwas, das man nicht sehen oder anfassen kann. Oft werden aber mehr Bestätigungen für Ängste gesucht als Antworten auf Fragen. Doch KI kann das Geschäft fördern und Lösungen bringen, die das Leben einfacher machen. Am Schluss lautet die häufigste Frage: Was kann ich tun, damit ich das nutzen kann?
Interview Ewald König