Influencer können als Botschafter ihres Landes gezielt für staatliche Public Diplomacy eingesetzt werden. Dies ist – je nach Kontext – nicht unumstritten. Viele Influencer verfügen allein durch ihre Reichweite über enormes Beeinflussungspotential. Für die User ist häufig kaum noch zu unterscheiden, ob sie authentisch und unabhängig sind oder – in autokratischen Staaten –Propagandawerkzeug ihrer Regierung.
„Soft Power“ – ein Begriff geprägt durch den Harvard Politologen Joseph Nye – beschreibt die indirekte politische Machtausübung eines Staates, indem sie die kulturelle Attraktivität, politische Werte oder Außenpolitik nutzt, um andere Akteure auf dem internationalen Parkett zu beeinflussen. Strategien und Gepflogenheiten dieser Taktik haben sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend durch technologische Innovation verändert. Durch die Einführung neuer Kommunikationswege und -medien besteht heute eine nie dagewesene Vernetzung weltweit. Folglich kommt der digitalen Diplomatie eine immer bedeutendere Rolle zu, was wiederum dazu führt, dass sich die Verbreitungsversuche von Soft Power zunehmend in den Raum digitaler Kommunikation und sozialer Medien verschiebt.
Royale Diplomatie
Eines der mächtigsten und ältesten Instrumente zur Generierung von Soft Power ist ohne Zweifel das englische Königshaus. Besonders Queen Elizabeth II wurde zu Lebzeiten oft als Großbritanniens wichtigste Botschafterin bezeichnet. Auch wenn es vermehrt kritische Stimmen gab, die die diplomatische Arbeit des Königshauses in den Common Wealth Staaten ablehnten, ist der Einfluss der oftmals glorifizierten Royals auf Menschen auf der ganzen Welt unübersehbar.
Influencer
Mit der Verbreitung sozialer Medien wuchs jedoch eine neue Art von Personengruppe mit enormer Reichweite heran: „Contentcreators“, auch „Influencer“ genannt, wegen ihres Einflusses auf ein großes Publikum. Im digitalen Raum bergen Influencer enorme Potenziale zur Generierung von Soft Power. Im Gegensatz zu den Royals, die vornehmlich mit Staatschefs und politischen Entscheidungsträgern agieren, haben Influencer eine große Nähe zur normalen Bevölkerung. Dazu sind sie nicht in ein gesellschaftliches Konzept gezwungen und können persönlichere Einblicke liefern.
Bloggerin Li Ziqi
Bis jetzt nutzten vor allem autoritäre Staaten wie China Influencer als Werkzeuge der Propaganda. So profitierte China etwa von der populären Bloggerin Li Ziqi (17,8 Millionen Abos auf Youtube), um die apolitische, kulturelle Seite des Landes einem breiten internationalen Publikum nahezubringen. Mit Landschaftsaufnahmen und Einblicken in alte Bräuche, erschafft sie ein romantisiertes Bild des Landes, hinter dem politische Realitäten verschwinden. Ihre hochwertig produzierten Videos zeigen Li Ziqi bei der Handarbeit, dem Sammeln von Lotus oder der kulinarischen Vorbereitung des Frühlingsfests.
Li Ziqi und Chinas Image
Dabei hat die Youtuberin so viel Einfluss wie die staatlichen Konfuzius-Institute und Medienanstalten. Ihre Zuschauerzahlen liegen im zweistelligen Millionenbereich, die meisten ihrer durchweg positiven Kommentare kommen von nicht-chinesischen Nutzern. Von ihrer Popularität profitiert nicht nur sie selbst, sondern indirekt auch das Image Chinas. Diese Art der Verbreitung von Soft-Power ist dabei deutlich schwieriger zu erkennen als bei staatlichen Initiativen. Auch wenn das Beispiel harmlos erscheinen mag, lässt es doch auf die enormen Potenziale von Internet-Stars als Propagandawerkzeug schließen.
Digitale Diplomatie
Es ist zu erwarten, dass in Zukunft Influencer stärker in die digitale Diplomatie eingebunden werden. Besonders autoritäre Staaten können durch sie ihr Informationsmonopol stärken und Propaganda effektiv verbreiten. Darauf müssen rechtzeitig Antworten gefunden werden.
Text Theresa Scheule
DIE YOUNG INITIATIVE ON FOREIGN AFFAIRS AND INTERNATIONAL RELATIONS IFAIR E. V. hilft jungen Menschen, die internationalen Beziehungen von morgen zu gestalten. Dazu schreibt IFAIR regelmäßig Projekte aus, bietet über ihren Open Think Tank www.ifair.eu eine Plattform zum Austausch und vernetzt ihre Mitglieder mit wichtigen Akteuren aus der Praxis. Für das Diplomatische Magazin analysieren Mitglieder von IFAIR jeden Monat ein Thema aus den internationalen Beziehungen.