Politics & StandpointsLiechtenstein Initiative

Im Mai 2022 lud die Botschafterin von Liechtenstein I.E. Isabel Frommelt-Gottschald zu einem Expertenbriefing ins Berliner Hilton. Das Thema: Informationen über Maßnahmen im Finanzsektor, die die Generierung von Einnahmen aus Sklaverei und Menschenhandel bekämpfen. Die so genannte «Liechtenstein Initiative» wurde im September 2018 maßgeblich von Liechtenstein auf den Weg gebracht, sie engagiert sich gegen Menschenhandel und moderne Sklaverei und setzt sich zusammen aus Vertretern der Regierungen Liechtensteins, Australiens und der Niederlande mit dem United Nations University Centre for Policy Research sowie einem Konsortium aus Banken, Stiftungen und Verbänden. Der Liechtensteinische Bankenverband und seine Mitglieder sind Teil dieser öffentlich-privaten Partnerschaft.

Nach einem Einführungsvortrag über die Initiative Finance Against Slavery and Trafficking (FAST) von Daniel Thelesklaf, der aus New York zugeschaltet war, skizzierte Rechtsanwalt Dr. Thomas Voland das neue Lieferkettengesetz, das ab Januar 2023 deutsche Unternehmen zu Produktionen verpflichtet, die frei von Menschenhandel, sklavenhaften Arbeitsbedingungen und Ausbeutung sind. Staatsanwältin Christine Höfele von der Staatsanwaltschaft Berlin fokussierte den Bereich Schwarzarbeit im Baugewerbe, Menschenhandel in der Sexindustrie und Leiharbeit im Dienstleistungsbereich in Deutschland und bedauerte, dass Vieles aus Personalmangel nicht verfolgt werden könne.

150 Milliarden US-Dollar jährlich

Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass heute mehr als 40 Millionen Menschen in Gefangenschaft leben, durch Zwangsarbeit ausgebeutet werden oder unter einer anderen Form von Knechtschaft leiden. Die von ihnen hergestellten Waren – u.a. Elektronik, Textilien, Nahrungsmittel – landen in vielen Fällen in den normalen Vertriebskanälen. Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen werden über Sklaverei und Menschenhandel weltweit jährlich rund 150 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Gelder aus solchen Praktiken fließen über das Bankensystem bzw. es werden Waren und Dienstleistungen finanziert, die aus Lieferketten stammen, in denen moderne Sklaverei und Menschenhandel zum Geschäft gehören. Studien zufolge sind moderne Sklaverei und Menschenhandel heute weltweit die häufigsten Vorstufen für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.

Führende Rolle des Finanzsektors

Da der Finanzsektor so eng mit dem Rest der Wirtschaft verflochten ist, können Maßnahmen des Finanzsektors dazu beitragen, die Funktionsweise der gesamten Weltwirtschaft zu verändern. Finance Against Slavery and Trafficking (FAST) ist eine Multi-Stakeholder-Initiative mit Sitz am United Nations University Centre for Policy Research, die den Finanzsektor gegen moderne Sklaverei und Menschenhandel mobilisieren will.

FAST

Auf der Grundlage evidenzbasierter Ansätze und rigoroser Analysen stellt FAST den Akteuren des Finanzsektors Instrumente und Schulungen zur Verfügung, um sinnvolle und nachhaltige Maßnahmen gegen moderne Sklaverei und Menschenhandel zu ergreifen. Globale Initiativen und Kampagnen sollen das Bewusstsein schärfen und eine Dynamik erzeugen, während gleichzeitig Projekte, Strategien und Koalitionen mit langfristiger Wirkung ins Leben gerufen werden.

Weltweite Allianz

Durch seinen Ansatz der Allianzbildung arbeitet FAST mit Organisationen auf der ganzen Welt zusammen, darunter mit internationalen Banken und regionalen Bankenverbänden, Investorengruppen und Börsen, Berufsverbänden, Organisationen zur Unterstützung von Überlebenden, Aufsichtsbehörden und politischen Entscheidungsträgern, um moderne Sklaverei und Menschenhandel zu bekämpfen.

30 Maßnahmen für den Finanzsektor

Die Liechtensteiner Initiative bietet einen gemeinsamen Rahmen für kollektive Maßnahmen, den die verschiedenen Akteure des Finanzsektors auf ihre eigene Weise und in ihrem eigenen Tempo umsetzen können. Er umfasst 5 Ziele und 30 Maßnahmen, die zusammen einen Fahrplan für den gesamten Finanzsektor und seine Stakeholder, einschließlich Regierungen, Regulierungsbehörden und das multilaterale System bilden. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören die Optimierung und Durchsetzung von Kontrollen im Finanzsektor.
www.fastinitiative.org

Text Tanja Schmidt