InterviewITB Berlin - Warum die Internationale Tourismus Börse (ITB) sich neu erfunden hat

Die Internationale Tourismus Börse (ITB) Berlin war seit 1966 die führende Messe der weltweiten Reiseindustrie. Aussteller, Fachpublikum, Medien und Gäste aus aller Welt informierten sich hier über neue Entwicklungen im Tourismusmarkt. Doch Pandemie und Digitalisierung führten auch bei der ITB zu großen Veränderungen. 2023 geht sie mit einem völlig neuen Konzept an den Start. Dazu David Ruetz, Head of ITB Berlin, im Gespräch mit dem Diplomatischen Magazin.

DM: Herr Ruetz, die ITB war beim breiten Publikum äußerst beliebt. Mit dem neuen Konzept wird die ITB keine Publikumsmesse mehr sein, sondern nur noch eine Fachmesse. Warum?
David Ruetz: Zu dieser Entscheidung haben mehrere Faktoren geführt. Der Wunsch seitens unserer Kunden, sich stärker auf die jeweiligen Zielgruppen konzentrieren zu können, stand bereits seit geraumer Zeit zur Debatte. Mit dem neuen Format kommen wir diesem Anspruch entgegen und das Feedback aus dem Markt hat uns darin auch nur bestätigt. Viele Aussteller zielten in der Vergangenheit stark auf das B2B-Publikum ab. Ihren Stand auch an den zwei Verbrauchertagen zu betreiben, bedeutete für sie hohe Zusatzkosten – etwa für das Standpersonal. Mit dem neuen Konzept können sie ihren Schwerpunkt nun auf das Fachbesucher-, Einkäufer- und Medienpublikum legen.

DM: Sind die Änderungen eine Konsequenz aus der Pandemie?
David Ruetz: Die Pandemie war nicht der primäre Grund, aber sicherlich ein wichtiger Treiber unserer Entscheidung, ab 2023 noch fokussierter zu werden. Wie so häufig hat sie den Blick auf die Dinge verändert. Wir haben die vergangenen Jahre der Pandemie ausgiebig genutzt, das Konzept Messe neu zu denken und mit zahlreichen Partnern und Kunden gesprochen. Das neue Format ist nur eine Facette davon. Weitere Aspekte sind die hybriden Angebote sowie Veranstaltungen während des gesamten Jahres, mit denen wir die klare Message verbreiten, dass die ITB keineswegs auf einige wenige Tage im Jahr beschränkt ist. Wir begleiten die Branche weltweit kontinuierlich und nicht nur in Berlin. Unser Team plant laufend weiteren Events weltweit – zudem bringen wir die Branche in wichtige Gastgeberdestinationen, so wie im Sommer 2022, als wir mit Einkäufern und Medien in Georgien, dem aktuellen Gastland der ITB Berlin, waren.

DM: Stichwort Georgien, Gastland der diesjährigen ITB - was ist geplant?
David Ruetz: Mit Georgien verbindet uns bereits eine langjährige enge und erfolgreiche Zusammenarbeit. Als wir im Sommer zu unserem “ITB TRVLX”-Event mit einer Gruppe von Medienvertretern und Top-Einkäufern vor Ort zu Gast waren, konnten wir uns von der sprichwörtlichen „unendlichen Gastfreundschaft“ Georgiens ein wunderbares Bild machen - mit diesem Motto bewirbt das Land übrigens auch seinen Auftritt auf der ITB Berlin 2023. Wir freuen uns sehr, dass sich das Kaukasus-Land nun der ganzen Welt bei uns als Gastland präsentiert. Gemeinsam richten wir die Eröffnungsgala am Montag, dem 6. März, dem Vorabend der Messe, aus. Auf der ITB selbst wird Georgien mit einem großen Stand im neuen Hub27 vertreten sein. Und auch auf dem parallel stattfindenden ITB Berlin Kongress wird das Land mit inhaltlichen Beiträgen eine starke Sichtbarkeit haben.

DM: Warum findet die ITB nur noch an drei Tagen statt?
David Ruetz: Dies war für uns die logische Konsequenz, den Fokus auf das B2B-Publikum zu setzen. Bereits in der Vergangenheit erstreckte sich dieser Part auf immer nur drei Tage unter der Woche. Die anderen beiden Tage fielen auf das Wochenende für die Endverbraucher, also am Samstag und Sonntag. 2023 findet die Messe übrigens zudem erstmalig auch einen Tag früher statt. Das heißt: Sie beginnt am Dienstag und endet am Donnerstag.

DM: Und wo kann sich das breite Publikum künftig über weltweiten Tourismus informieren?
David Ruetz: Wir haben unsere Partnerveranstaltung, das Berlin Travel Festival (BTF), in die Freizeitmesse Boot & Fun Berlin integriert. Das Festival bietet eine große Palette an Inspiration für die individuelle Reiseplanung – es fand bereits vor der Pandemie statt und zog immer ein buntes B2C-Publikum an. Den erfolgreichen Auftakt dazu konnten wir Ende November dieses Jahres feiern. Mit Zehntausenden von Besuchern und fast 100 Ausstellern boten wir dem Festival eine neue Heimat und holten es von der Arena aus Treptow auf das Berliner Messegelände. Die Boot & Fun Berlin war die perfekte, neue Heimat dafür.

Interview Marie Wildermann